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Weisenheim am Berg: Prozess um Raser-Unfall mit 3 Toten – „Kollision war unvermeidbar“

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Von: Marten Kopf

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Weisenheim - Weil er in einer Kurve viel zu schnell fährt, sterben bei einem Frontalzusammenstoß drei Menschen. Nun sitzt der 29-Jährige auf der Anklagebank. Der Fall ist juristisch durchaus kniffelig.

Auf dem Satellitenbild von Google Maps folgt die Richterin dem Verlauf der Straße von einem Weingut in Richtung Unglücksstelle. Umgeben von Weinbergen macht die Landstraße K1 nach einigen Schlenkern einen Knick nach rechts. Dort befindet sich der Unfallort bei Weisenheim am Berg im Landkreis Bad Dürkheim, an dem im September 2020 drei Menschen starben.

OrtsgemeindeWeisenheim
LandkreisBad Dürkheim
Einwohnerzahl1.698 (Stand: 31. Dezember 2020)
OrtsbürgermeisterJoachim Udo Schleweis (CDU)

Raser-Unfall in Weisenheim: Beim Gegenlenken Kontrolle verloren

Zu Beginn des Prozesses vor dem Landgericht Frankenthal in Rheinland-Pfalz um den fatalen Unfall räumt der mutmaßliche Verursacher am Dienstag (21. Juni) ein, genau an dieser Stelle zu schnell unterwegs gewesen zu sein. Wegen des hohen Tempos von wohl mehr als 120 Stundenkilometern geriet er mit seinem PS-starken Wagen in der Rechtskurve auf die Gegenfahrbahn. Ein entgegenkommendes Fahrzeug konnte den gutachterlichen Feststellungen zufolge noch ausweichen. 

Als der 29-jährige Angeklagte aus Biblis in Südhessen dann aber beim Gegenlenken die Kontrolle verlor, hatte eine entgegenkommende Fahrerin keine Chance. Die beiden Autos stießen frontal zusammen.

Am Landgericht Frankenthal beginnt der Prozess gegen einen Raser. (Archivfoto)
Am Landgericht Frankenthal beginnt der Prozess gegen einen Raser. (Archivfoto) © LUDWIGSHAFEN24/Katja Becher

Sachverständiger zu Raser-Unfall mit 3 Toten: „Kollision war unvermeidbar“

„Die Kollision war unvermeidbar“, erläutert ein Sachverständiger vor Gericht. „500 Meter weiter hätte das ABS den Wagen wieder stabilisieren können. Aber am Ende war zu wenig Platz.“ Die Fahrerin des anderen Fahrzeugs, die Beifahrerin und ein 15 Monate alter Junge starben noch am Unfallort. Ein einmonatiges Mädchen überlebte. Der 29 Jahre alte Angeklagte sowie sein Beifahrer blieben nahezu unverletzt.

Angeklagt ist der 29-Jährige wegen fahrlässiger Tötung, vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und verbotenem Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge. Zu schnell gefahren sei er „aus Spaß an der Beschleunigung und ohne Rücksicht auf andere Verkehrsteilnehmer“, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft.

Prozessbeginn nach Raser-Unfall: „Verbotenes Kraftfahrzeugrennen“?

Seinen mit mehreren Hundert PS ausgestatteten Wagen sei der 29-jährige Angeklagte im „Sportmodus“ gefahren. Der Angeklagte dagegen beteuert, nur an der Unfallstelle zu schnell gewesen zu sein. Ansonsten habe er „keine Intention gehabt, schneller zu fahren. Ich habe nicht empfunden, dass ich übermäßig schnell war“, sagt er in Bezug auf die übrige Fahrt. Warum er an der Unfallstelle schneller gefahren sei, wisse er nicht.

Ob das stimmt, wird eine entscheidende Frage der Beweisaufnahme sein. Denn nicht jeder Raser kann nach aktueller Rechtsprechung wegen „verbotenem Kraftfahrzeugrennen“ verurteilt werden. Der Bundesgerichtshof spricht nur dann von einem solchen „Rennen gegen sich selbst“, wenn ein Angeklagter nicht nur in einer einzelnen Verkehrssituation schnellstmöglich zu fahren versucht, sondern dies auf einer „nicht ganz unerheblichen Wegstrecke“ zu tun beabsichtigt.

Raser-Unfall in Weisenheim: Schwierige Rechtsfragen

Vereinfacht gesagt lautet die zu klärende Frage: War die Fahrt zumindest zeitweise ähnlich gefährlich wie ein klassisches Autorennen? Im Gesetz steht nur, dass bestraft wird, wer „sich als Kraftfahrzeugführer mit nicht angepasster Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen“.

Sollte das Gericht nach der Beweisaufnahme den Straftatbestand als erfüllt ansehen, würde sich dies massiv auf das mögliche Strafmaß auswirken. Aus Vergehen würde Verbrechen. Dem Angeklagten drohten dann zwischen einem und zehn Jahren Freiheitsstrafe. Die fahrlässige Tötung sieht hingegen nur maximal fünf Jahre Gefängnis vor. (mko/dpa)

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