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Wichtiges Gerichtsurteil: Volles Schmerzensgeld bei Hundebiss – Streicheln kein Mitverschulden

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Von: Peter Kiefer

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Frankenthal - Wer von einem Hund gebissen wird, erhält auch dann volles Schmerzensgeld, wenn man das Tier zuvor gestreichelt hat. So ein aktuelles Urteil am Landgericht:

Wegweisendes Urteil am Landgericht Frankenthal (Rheinland-Pfalz). Die dortige 9. Zivilkammer hat einer jungen Frau aus Ludwigshafen ein volles Schmerzensgeld zugesprochen, nachdem ihr ein Hund in das linke Ohr gebissen hatte. Die Frau hatte sich zuvor zu dem ihr vertrauten Rottweiler-Rüden hinuntergebeugt und ihn am Kopf gestreichelt.

Hund beißt Frau ins Ohr – Gericht spricht ihr 4.000 Euro Schmerzensgeld zu

Das Besondere an dem Urteil: Das hat die Kammer nach den konkreten Umständen jedoch nicht als Mitverschulden der verletzten Frau gewertet. Insgesamt erhielt sie ein Schmerzensgeld in Höhe von 4.000 Euro zugesprochen. Erst am 8. Dezember ist in Ludwigshafen ein 71-jähriger Mann von einem Hund gebissen worden – die Tierschutzorganisation PETA fordert deshalb einmal mehr den Hundeführerschein für Tierhalter in RLP.

Was passiert ist: Die Frau war zu Besuch bei ihrer Freundin und hat mit ihr in der Küche gesessen. Auch der Rottweiler-Rüde des Bruders der Freundin war dabei, mit dem die junge Frau gut vertraut war. Schon oft hat sie mit dem Hund gespielt und gekuschelt – ohne das etwas passiert ist. Doch diesmal schnappte der Hund nach ihr und biss ihr ins linke Ohr. Die Wunde musste mit zahlreichen Stichen genäht werden. Letztendlich war die Frau über eine Woche arbeitsunfähig und klagt noch immer über Schmerzen bei Druck- und Kälteeinwirkungen.

Das Landgericht Frankenthal. (Symbolbild)
Das Landgericht Frankenthal. (Symbolbild) © picture alliance / dpa

Nach Hundebiss: Tierhalter wirft Opfer eigenes Mitverschulden vor

Der als Halter des Rottweilers verklagte Bruder der Freundin warf der verletzten Frau jedoch vor, sie habe den Unfall durch ihr Verhalten erheblich mitverschuldet. Denn sie habe sich zu dem Tier hinuntergebeugt und ihn gestört.

Dieser Argumentation ist die Kammer jedoch nicht gefolgt. Sie hat zunächst klargestellt, dass ein Hundehalter haftet, wenn sein Haustier einen anderen Menschen verletzt, auch wenn ihm kein falsches Verhalten vorzuwerfen ist. Denn die Haftung für ein Haustier, das nicht zur Berufsausübung gehalten wird, setzt ein Verschulden nicht voraus.

Hundebiss-Urteil am Landgericht Frankenthal: Streicheln ist kein Mitverschulden

Allerdings müsse sich der Verletzte im Einzelfall ein eigenes Fehlverhalten als Mitverschulden anrechnen lassen. Im konkreten Fall konnte ein solches nach Ansicht des Richters aber nicht bewiesen werden. Die bloße Hinwendung zu einem Tier, etwa durch Streicheln oder Umarmen, könne ein Mitverschulden nicht begründen. Dies gelte jedenfalls dann, wenn man das Tier schon eine geraume Zeit über kenne und es bisher kein aggressives Verhalten gegeben habe.

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Den Einwand des Hundehalters, die Frau habe den Hund gestreichelt, obwohl dieser gerade am Fressen gewesen sei und man sie deutlich gewarnt habe, sah die Kammer nicht als bewiesen an. Die Beweislast für ein solches Mitverschulden liege in solchen Fällen aber beim Tierhalter selbst. Zweifel gingen deshalb zu seinen Lasten. Das Urteil (Az. 9 O 42/21) ist rechtskräftig. (pek mit PM)

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