Polizisten-Morde in Kusel: Deutschlandweite Razzien wegen „Hate Speech“ im Internet
In 15 Bundesländern werden Razzien bei Personen durchgeführt, die „Hate Speech“ im Netz verbreitet haben. Die Nachrichten stehen in Verbindung zu den Polizisten-Morden in Kusel.
Mit Durchsuchungen in 15 Bundesländern haben die Ermittlungsbehörden ein Signal gegen Hass und Hetze im Internet gesetzt. Polizisten klingeln am Montagmorgen (20. Juni) an den Wohnungstüren von 75 Beschuldigten und beschlagnahmen 180 Datenträger wie Smartphones, Notebooks und andere digitale Geräte. Die Beschuldigten sollen nach den Polizisten-Morden von Kusel „Hate Speech“ im Internet betrieben haben.
Behörde | Bundeskriminalamt |
Gründung | 15. März 1951 in Wiesbaden |
Bedienstete | 8.139 (Februar 2022) |
Dachorganisation | Bundesministerium des Innern und für Heimat |
Polizisten-Morde in Kusel: Deutschlandweite Razzien wegen „Hate Speech“ im Internet
„Wenn Worte wie Waffen gebraucht werden, ist konsequentes staatliches Handeln gefordert“, sagt der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) im Landeskriminalamt in Mainz, das die bundesweite Fahndungsaktion koordiniert. Nach dem gewaltsamen Tod von zwei Polizisten am 31. Januar im Landkreis Kusel richtete das LKA eine eigene Ermittlungsgruppe „Hate
Speech“ ein.
Zwar habe es nach dem Verbrechen vor allem eine Welle der Anteilnahme gegeben, sagt Lewentz. „Wir haben aber auch in sogenannten sozialen Medien in tiefe menschliche Abgründe blicken müssen.“ Es habe „widerwärtigste Kommentare“ gegeben, „in denen der Mord gefeiert und die Opfer verächtlich gemacht wurden“.
BKA ermittelt nach Polizisten-Morden von Kusel gegen 150 Beschuldigte
Inzwischen wird nach Angaben des Ministers gegen 150 Beschuldigte in 172 Fällen strafrechtlich relevanter Äußerungen ermittelt. In
mindestens der Hälfte dieser Fälle seien die Urheber identifiziert worden, sagt der Vizepräsident des Bundeskriminalamts, Jürgen Brauer. Grundlage der Identifizierung seien meist Screenshots der Äußerungen.
Danach seien Profile mit dem gleichen Namen in anderen Netzwerken überprüft worden. Nach weiteren Recherchen in frei verfügbaren Quellen seien auch die Anbieter von Internet-Diensten angeschrieben worden. In einigen Fällen hätten diese eine Auskunft abgelehnt. Die Ermittlungen dauern weiter an.
Deutschlandweite Razzia in 75 Wohnungen wegen „Hate Speech“ nach Polizisten-Morden
Von den 75 Durchsuchungen am Montag sind allein 32 in Nordrhein-Westfalen. In Rheinland-Pfalz gibt es elf Einsätze. Einziges
Bundesland ohne Durchsuchung war Sachsen-Anhalt. Dort sind nach Angaben der Ermittler aber auch noch Vernehmungen geplant. Die Ergebnisse der Durchsuchungen sollen jetzt dokumentiert, aufbereitet und den jeweiligen Staatsanwaltschaften der Bundesländer übergeben werden.
Betroffen sind Verdächtige im Alter von 13 bis 67 Jahren, die zu 90 Prozent männlich sind. Der Altersschwerpunkt liege bei den 22- bis 40-Jährigen, sagt LKA-Vizepräsident Achim Füssel. Die meisten Hass-Äußerungen wurden bei Facebook registriert. Danach folgen Tiktok, Youtube, Twitter, Instagram und Telegram.
Behörden ermitteln weiter gegen „Hate Speech“ im Internet
Von dem Ermittlungsdruck erhoffen sich die Behörden, die auch sogenannten Likes unter Hass-Äußerungen nachgehen, eine präventive Wirkung. Nur einen Tag nach den deutschlandweiten Razzien – also am Dienstag (21. Juni) – beginnt am Landgericht Kaiserslautern der Prozess gegen einen 39-Jährigen, der die beiden Polizisten Yasmin B. und Alexander K. ermordet haben soll.
„Wer heute keinen Besuch von der Polizei hatte, sollte nicht glauben, dass er schon aus dem Schneider ist“, sagt der Koblenzer Generalstaatsanwalt mit Blick auf die andauernden Ermittlungen. Die juristischen Vorwürfe betreffen zumeist die Billigung von Straftaten, die Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener und den Tatbestand der Beleidigung. (dh mit dpa)