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AstraZeneca-Impfung: Größeres Risiko für Frauen unter 55? Berlin mit Hammer-Entscheidung

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Von: Eliran Kendi

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AstraZeneca: Die europäische Arzneimittelagentur warnt vor Hirnvenen-Thrombosen bei Frauen unter 55. Aber sind Frauen tatsächlich gefährdeter als Männer?

Update vom 30. März: Die Ständige Impfkommission (STIKO) beendet die AstraZeneca-Impfung für unter 60-Jährige, nachdem bereits erste Bundesländer die Verabreichung des Wirkstoffes gestoppt haben. In einem Beschlusspapier heißt es, basierend auf der momentanen Datenlage empfehle die Stiko „im Regelfall“ die Impfung mit Astrazeneca „nur Menschen im Alter >60 Jahre“. Der Einsatz unterhalb dieser Altersgrenze „bleibt indes nach ärztlichem Ermessen und bei individueller Risikoakzeptanz nach sorgfältiger Aufklärung möglich“, heißt es in dem Beschlussentwurf weiter. Hintergrund sind die schweren Krankheitsfälle mit Thrombosen, die durch AstraZeneca verursacht wurden.

AstraZeneca-Impfung: Größeres Risiko für Frauen unter 55? Berlin mit Hammer-Entscheidung

Update vom 30. März: Bis zum 29. März sind dem Paul-Ehrlich-Institut 31 Fälle einer Hirnvenen-Thrombose gemeldet worden, neun davon mit tödlichem Ausgang. Bis auf zwei Personen, sind lediglich Frauen zwischen 23 und 63 von dieser seltenen Nebenwirkung betroffen. Nach dem Tod einer 47-Jährigen im Zusammenhang mit der AstraZeneca-Impfung und einer weiteren schwerwiegenden Erkrankung einer 28-Jährigen, hat zuerst der Kreis Euskirchen in Nordrhein-Westfalen die Corona-Impfung mit dem Wirkstoff von AstraZeneca für Frauen unter 55 gestoppt.

Beide haben laut Kreis eine Hirnvenenthrombose erlitten. Nachdem sich die Leiter von fünf Unikliniken für einen Impfstopp mit AstraZeneca für jüngere Frauen gefordert haben, machen die Berliner Kliniken Charité und Vivantes Nägel mit Köpfen und impfen keine Frauen unter 55 Jahren mehr mit dem Vakzin. Nur kurze Zeit später gibt Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci bekannt, die Corona-Impfungen mit dem Wirkstoff des Herstellers AstraZeneca für Menschen unter 60 Jahren auszusetzen.

Gerinnsel bei AstraZeneca-Impfung: Besteht ein größeres Risiko diese Gruppe?

Erstmeldung vom 19. März: Wie das Bundesgesundheitsministerium mitteilt, sind bis Donnerstag (18. März) 13 Fälle von Blutgerinnseln (Thrombosen) in Hirnvenen nach einer Corona-Impfung mit AstraZeneca gemeldet worden. Dabei handelt es sich um zwölf Frauen und einen Mann im Alter von 20 bis 63 Jahren. Drei von ihnen sind mittlerweile gestorben. Dennoch empfiehlt die europäische Arzneimittelagentur (EMA) den Einsatz des Impfstoffes von AstraZeneca. Zugleich soll der Impfstoff mit der Warnung versehen werden, dass er in seltenen Fällen Hirnvenenthrombosen bei Frauen unter 55 Jahren verursachen könnte. Sowohl die tragischen Fälle, als auch die Warnung sorgen zusätzlich für Verunsicherung – aber sind Frauen tatsächlich gefährdeter?

UnternehmenAstraZeneca
HauptsitzCambridge, UK
CEOPascal Soriot
Gründung6. April 1999

AstraZeneca Nebenwirkung: Risiko von Thrombosen in Hirnvenen nach Verabreichung des Impfstoffs

Zunächst einmal müssen sich besorgte Betroffene vor Augen halten, wie häufig diese Thrombosen ausgelöst werden und ob durch die Impfung deutlich vermehrt Komplikationen auftreten. „Es ist höchstwahrscheinlich so, dass diese Komplikationen sehr, sehr selten auftreten“, betont Andreas Greinacher, Leiter der Transfusionsmedizin der Universitätsmedizin Greifswald (UMG).

Blick auf das Hauptgebäude der Unimedizin Greifswald. (Archivbild)
Blick auf das Hauptgebäude der Unimedizin Greifswald. (Archivbild) © dpa/Stefan Sauer

Entsprechend der Statistik der „Pharmazeutischen Zeitung“ gibt es von diesem Syndrom in Deutschland sonst etwa 50 Fälle pro Jahr. Jetzt seien bis Montag (15. März) sieben Fälle bei 1,6 Millionen Geimpften aufgetreten, was in etwa einer Häufigkeit von 1 zu 250.000 entspreche.

Außerdem betonen Experten aus dem Gesundheitswesen, dass auch das Nicht-Impfen enormen Schaden verursachen kann. Obgleich Signale zu möglichen neuen Nebenwirkungen bei Impfstoffen sorgfältig untersucht werden müssen, darf man den tatsächlichen Schaden von Verzögerungen der Impfkampagnen nicht außer Acht lassen, betont Professor Dr. Paul Hunter von der University of East Anglia in Norwich, England.

Das gilt umso mehr, wenn gegenwärtig die Inzidenzen wieder dramatisch ansteigen: So betrage die Covid-19-Sterberate von Männern um die 45 Jahre 0,1 Prozent. Mit 1.000 Todesfällen pro eine Million Coronavirus-Infektionen übersteige dies das Risiko von Blutgerinnseln im Gehirn bei weitem.

Zudem kann die Bildung von Thrombosen bei Risikopatienten mit einem gängigen Medikament gehemmt werden. Tests und eine etwaige Behandlung seien aber nur sinnvoll, wenn es entsprechende Anzeichen für eine solche Thrombose gebe.

AstraZeneca Nebenwirkung: Risiko von Thrombosen in Hirnvenen nach Verabreichung des Impfstoffs

Dennoch wird nach den genannten Fällen von Hirnvenenthrombosen der AstraZeneca-Impfstoff mit der Warnung versehen werden, dass er in möglichen seltenen Fällen Gerinnsel im Gehirn bei Frauen unter 55 Jahren verursachen kann.

Auch der deutsche Infektiologe und Professor vom Uniklinikum Regensburg, Bernd Salzberger, rät Frauen in einem bestimmten Alter vor einer Impfung mit AstraZeneca ab.

In diesem Zusammenhang darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass in Deutschland zunächst ausschließlich Menschen unter 65 Jahren, vielfach Klinik- und Pflegepersonal mit AstraZeneca geimpft worden sind. Aber vor allem der Pflegebereich wird von Frauen dominiert.

Zuvor hatte bereits der Virologe Christian Drosten bei NDR Info angemerkt, dass es sich möglicherweise um ein statistisches Problem handeln kann: In Deutschland seien Menschen unter 65 Jahre mit Astrazeneca geimpft worden, weil es zunächst keine Empfehlung der Ständigen Impfkommission für Ältere gegeben hat. In England hingegen seien bevorzugt Ältere damit geimpft worden; trotz einer höheren Zahl an Impfungen sei dort keine solche Thrombosen-Häufung beobachtet worden.

Auch Drosten verweist auf einen wohl hohen Frauenanteil beim medizinischen Personal und Pflegepersonal, das das Mittel in Deutschland erhalten hat. „Könnte es sein, dass das die Statistik färbt?“, fragt der Virologe. Bei Frauen seien Probleme mit Thrombosen generell häufiger als bei Männern. (esk mit dpa)

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