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Nach Fressgassen-Blockade in Mannheim – Klima-Aktivisten vor Gericht

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Von: Daniel Hagen

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Mannheim - Ende 2021 blockieren Klima-Aktivisten der Gruppe „Extinction Rebellion“ die Fressgasse. Zwei Mitglieder müssen sich daher jetzt vor dem Amtsgericht verantworten.

Dass sich Aktivisten für den Klimaschutz auf Straßen kleben und auch auf andere Arten zivilen Ungehorsam leisten, gehört dank der Gruppe „Letzte Generation“ in Deutschland mittlerweile fast zum Alltag. Doch bereits zuvor hat die Gruppierung „Extinction Rebellion“ in der Bundesrepublik mit ihren Aktionen für Aufsehen gesorgt. Bei einer illegalen Straßenblockade in Mannheim im Dezember 2021 haben die Teilnehmer gewaltiges Chaos in der Innenstadt ausgelöst. Zwei Mitglieder sitzen jetzt dafür am Amtsgericht Mannheim auf der Anklagebank.

Nach Fressgassen-Blockade: Klima-Aktivisten vor Gericht

Die Prozesse gegen Marie W. und Lucas L. finden am Freitag (3. Februar) direkt hintereinander statt. Vor dem Beginn der ersten Verhandlung haben sich Mitglieder von Extinction Rebellion für eine Mahnwache vor dem Amtsgericht versammelt. Wohl aus Sorge vor Aktionen der Aktivisten sind vor dem Saal mehrere Beamte positioniert, die den Besuchern Gegenstände wie Flaschen wegnehmen. Es zeigt sich jedoch, dass diese Vorsichtsmaßnahme nicht nötig gewesen wäre, weshalb sie kurz darauf beendet werden.

Den beiden Angeklagten wird gemeinschaftliche Nötigung vorgeworfen, nachdem sie mit anderen Mitgliedern der Gruppe Extinction Rebellion am 11. Dezember 2021 eine Blockade in der Mannheimer Fressgasse errichtet haben. Die Demonstration ist zuvor nicht angemeldet gewesen. Es sind Transparente, eine Hängematte und sogar eine Auto-Attrappe aus Holz und Karton genutzt worden. An diese haben sich drei Aktivisten mit einem Schloss angekettet – eine davon ist Marie W. Lucas L. ist bei der Aktion als Sprecher und Koordinator tätig, sodass ihn die Polizei als Versammlungsleiter einstuft.

Mahnwache vor dem Amtsgericht Mannheim.
Mahnwache vor dem Amtsgericht Mannheim. © MANNHEIM24/Daniel Hagen

Klima-Aktivisten von Extinction Rebellion blockieren Fressgasse in Mannheim

Mit der Blockade verursacht Extinction Rebellion ein Verkehrs-Chaos in der Innenstadt. Bis zum Planetarium und dem Ortseingang von Mannheim soll der Verkehr laut einer Zeugin – die bei der Polizei arbeitet – gestanden haben. Obwohl so viele Menschen betroffen sind, stehen am Ende nur 21 Personen als Geschädigte fest. Ein anderer Verkehrsteilnehmer erhält zudem eine Anzeige, weil er der Polizei bei der Räumung der Fressgasse „helfen“ möchte und dabei einen Aktivisten angreift.

Fast drei Stunden dauert es im Dezember 2021, bis die Fressgasse wieder frei ist. In dieser Zeit will eine Zeugin, die mit Krücken am Gericht erscheint, eigentlich ihre geistig und körperlich behinderte Tochter abholen – und zwar aus dem Kaufhaus Q6 Q7. Weil das aber nicht möglich ist, muss sie weiter weg parken und mühsam zu ihrer Tochter „humpeln“. Da auch diese eine Gehbehinderung hat, dauert der Rückweg ebenfalls lange.

Prozess gegen Klima-Aktivisten in Mannheim: Mehrere Zeugen krank

Eigentlich sollten bei den Prozessen auch andere Zeugen darüber aussagen, wie die Blockade sie in ihrem Alltag gestört hat. Da jedoch die meisten geladenen Zeugen entweder krank oder aus anderen Gründen nicht anwesend sind – eine Person wohnt zum Beispiel in der Schweiz – sagen neben der bereits erwähnten Frau nur noch ein Polizist und eine Beamtin der Kriminalpolizei aus. Diese ist am 11. Dezember zwar nicht vor Ort gewesen, habe aber alle Berichte ihrer Kollegen zusammenfassen müssen. Aus ihrer Aussage geht hervor, dass sowohl Marie W. als auch Lucas L. ohne Gegenwehr gehandelt hätten.

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Nach mehreren Aufforderungen hätten sich die beiden Angeklagten, wie auch alle anderen 17 Klima-Aktivisten, ohne Probleme wegtragen lassen. Die Beamtin berichtet zudem, dass die Auto-Attrappe, an die sich drei Mitglieder von Extinction Rebellion gekettet und eine Person sogar darin festgeklebt hat, von der Feuerwehr Mannheim mühsam beseitigt worden sei. Glücklicherweise habe ein Zivilpolizist beobachtet, wie die Aktivisten die Schlüssel für ihre Schlösser weggeworfen haben, sodass die Befreiung schnell gelingt. Bereits mehrere Monate zuvor hat Extinction Rebellion die Fressgasse blockiert – jedoch in kleinerem Umfang.

Aktivisten und Polizei während der Blockade der Fressgasse
Aktivisten und Polizei während der Blockade der Fressgasse © Joe Pohl

Klima-Aktivist gibt Polizei Mitschuld am Verkehrs-Chaos in Mannheim

Die beiden Angeklagten geben zwar zu, dass sie an der Aktion beteiligt gewesen sind, sehen jedoch keine Schuld bei sich selbst oder ihren anderen Mitgliedern. „Eine menschliche Blockade gab es nicht“, erklärt zum Beispiel der Anwalt von Marie W. Die Autofahrer hätten demnach genug Platz gehabt, um auszuweichen. Zu den Fragen des Staatsanwalts, warum man die Versammlung nicht angemeldet habe und wer genau der Initiator sei, schweigt die junge Studentin. Warum ausgerechnet sie für die Gruppe vor Gericht steht, wird während des Prozesses nicht klar. Sie selbst äußert sich auch nur wenig.

Komplett anders ist es bei Lucas L., der direkt zu Beginn eine wissenschaftliche Abhandlung darüber hält, was mit unserem Planeten passieren werde, wieso die Politik falsch handele und warum die Polizei eine große Mitschuld an dem Verkehrs-Chaos trage. Der „Wissenschaftler“, wie er als Beruf angibt, bezeichnet den Einsatz der Beamten am 11. Dezember 2021 als „illegale Auflösung“ und Missachtung des Versammlungsrechts. Als einer der Hauptgründe für die unangekündigte Aktion nennt der 22-Jährige zudem den Verkehrsversuch in Mannheim, der damals noch verschoben worden ist.

Prozesse gegen Klima-Aktivisten in Mannheim vertagt

Ob und wie die beiden Klima-Aktivisten bestraft werden, bleibt erstmal offen. Denn aufgrund der vielen fehlenden Zeugen sind die Prozesse vertagt worden. Die Anwälte von Marie W. und Lucas L. wünschen zudem, dass so viele der 21 betroffenen Autofahrer wie möglich erscheinen. Falls das Gericht das so umsetzt, werden die geladenen Zeugen an den Terminen, die nächstes Mal nicht am selben Tag stattfinden, wohl einige Kilometer mit ihren Autos zurücklegen müssen. Selbst der Richter zweifelt offen an, ob das gut für das Klima ist. (dh)

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