Ukraine-Krise: Nach Gesprächen mit Russland drohen die USA mit „massiven Konsequenzen“ - Deesaklation gefordert
Gespräche zwischen den USA und Russland sollen die Ukraine-Krise entschärfen. Der ukrainische Botschafter fordert Deutschland zu Waffenlieferungen auf.
- Hintergrund der aktuellen Ukraine-Krise ist ein russischer Truppenaufmarsch an der Grenze. Washington und die EU werfen Moskau vor, einen neuen Einmarsch in die Ukraine* vorzubereiten. (siehe Erstmeldung)
- Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, fordert die Bundesregierung zu Waffenlieferungen auf. (siehe Update vom 10. Januar, 14.30 Uhr)
- In Genf fand am Montag ein bilaterales Gespräch zwischen den USA* und Russland* statt. Danach wurde die US-Unterhändlerin deutlich. (siehe Updates vom 10. Januar, 10.45 Uhr und 18.33 Uhr).
Update vom 10. Januar, 22.49 Uhr: Nach den USA hat sich aus Russland zu den heutigen Gesprächen geäußert: Vize-Außenminister Sergej Rjabkow hat die Verhandlungen mit den US-Vertretern zum Ukraine-Konflikt als „professionell, tiefgründig und konkret“, aber auch als „schwierig“ bezeichnet. Der US-Seite sei versichert worden, dass Russland keinen Überfall auf die Ukraine plane. Moskau habe aber auch klargemacht, dass in Bezug auf wesentliche Forderungen Fortschritte erzielt werden müssten. Dazu zählten ein Ende der Nato-Osterweiterungen und ein Verzicht des westlichen Militärbündnisses auf die Stationierung von Angriffswaffen nahe der russischen Grenzen. Von diesen Forderungen werde Russland nicht abrücken.
Über weitere Schritte und Perspektiven könne erst in den nächsten Tagen entschieden werden, sagte Rjabkow. Für Mittwoch ist eine Sitzung des Nato-Russland-Rates in Brüssel angesetzt - die erste seit zweieinhalb Jahren. Danach soll es am Donnerstag in Wien Gespräche im Rahmen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) geben.
Ukraine-Krise: Nach Gesprächen mit Russland drohen die USA mit „massiven Konsequenzen“
Update vom 10. Januar, 18.33 Uhr: Die USA nimmt Russland nach den Gesprächen in Genf in die Pflicht, fordert Deeskalation in der Ukraine-Krise – und droht erneut mit „massiven Konsequenzen“. Die US-Unterhändlerin, Vizeaußenministerin Wendy Sherman, sagte mit Blick auch auf die bevorstehenden Treffen des Nato-Russland-Rates in Brüssel und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Wien: „In dieser Woche wird Russland eine einheitliche Botschaft von den Vereinigten Staaten und unseren Verbündeten und Partnern hören, nämlich dass es an Russland liegt, die Spannungen zu deeskalieren, damit wir eine echte Chance haben, diplomatische Lösungen zu finden.“
Sherman sagte in einer Telefonschalte mit Journalisten, die fast achtstündigen Gespräche seien „offen und direkt“ verlaufen. Es seien aber keine konkreten Verhandlungen gewesen - soweit seien die Sondierungsgespräche noch nicht. Beide Seiten hätten ihre Sicherheitsbedenken dargelegt. Die US-Seite habe deutlich gemacht, dass sie bereit zu Gesprächen über Konfliktthemen wie die Begrenzung von Manövern oder die Stationierung von Raketen sei. „Wir haben uns jedoch entschieden gegen Sicherheitsvorschläge gewehrt, die für die Vereinigten Staaten einfach nicht in Frage kommen.“
Die US-Unterhändlerin sagte, man werde niemandem erlauben, die Politik der offenen Tür der Nato zu stoppen. „Wir werden nicht auf die bilaterale Zusammenarbeit mit souveränen Staaten verzichten, die mit den Vereinigten Staaten zusammenarbeiten wollen.“ Die USA würden zudem keine Entscheidung über die Ukraine, Europa oder die Nato fällen, ohne das vorher mit den Betroffenen zu klären. Sherman drohte Russland im Fall einer militärischen Eskalation in der Ukraine-Krise erneut mit massiven Konsequenzen.
Ukraine-Botschafter erhebt schwere Vorwürfe gegen Deutschland - „grellrote Warnlichter“ für Putin-Invasion
Update vom 10. Januar, 14.30 Uhr: Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, hat die Bundesregierung aufgefordert, Waffen an sein Land zu liefern. Kiew fordere von Berlin, „die bestehende - moralisch absolut verwerfliche - Blockadehaltung aufzugeben, und die Ukraine dringend mit notwendiger Verteidigungsrüstung zu versorgen“, sagte Melnyk den Zeitungen der Funke-Mediengruppe am Montag. Deutschland trage die „gleiche historische Verantwortung für die Ukraine wie für Israel“.
Daher erwarte Kiew „massive militärische Unterstützung Deutschlands, um den Preis für Putins bevorstehenden Angriff in die Höhe zu treiben und diesen noch zu verhindern“. Die Gefahr einer russischen Invasion in die Ukraine sei unverändert hoch, betonte der ukrainische Botschafter. „Alle Warnlichter blinken grellrot.“ Der russische Präsident Wladimir Putin sei willens, „diese neue Invasion zu wagen, um die ukrainische Staatlichkeit zu zerstören“. Berlin dürfe die Gefahr eines Kriegs „nicht unterschätzen“.
Ukraine: Botschafter fordert Waffen von Deutschland – und fordert Stopp für Nord Stream 2
Darüber hinaus forderte der Diplomat die Bundesregierung auf, sich für einen zügigen Beitritt der Ukraine in die Nato und die EU stark zu machen. „Denn nur wenn die Ukraine zum untrennbaren Bestandteil des Nordatlantikpaktes wird, würde Putin für immer die Versuchung verlieren, uns anzugreifen.“ Mit Blick auf die in dieser Woche stattfinden Gespräche zwischen dem Westen und Russland sagte Melnyk: „Es wäre naiv zu glauben, dass die bevorstehenden Verhandlungen unserer westlichen Verbündeten mit Russland einen Durchbruch herbeiführen.“ Aus ukrainischer Sicht gäbe es einen Durchbruch nur, „wenn Putin gezwungen wäre, die seit fast acht Jahren andauernde Besetzung des Donbass und der Krim zu beenden und die Kriegsreparationen für den Wiederaufbau zu zahlen“.
Der Botschafter verlangte vom Westen sofortige neue Sanktionen gegen Moskau. „Um einen neuen Einmarsch Russlands noch zu verhindern, müssten unsere Partner in Europa und den USA sehr harte vorbeugende Strafmaßnahmen gegen Moskau ergreifen, bevor Putin seine militärische Intervention ausweitet und nicht erst danach, wenn es zu spät ist. Das endgültige Aus für die Nord-Stream 2-Pipeline soll zu diesem Katalog gehören.“ Der Westen dürfe „keine faulen Kompromisse mit Russland auf Kosten der Ukrainer“ machen. „Anstatt den Kremlherrn ständig zu hofieren, egal welche neue Verbrechen Moskau auf der Weltbühne begeht, soll Russland als Aussätziger behandelt und als Pariastaat international isoliert werden“, forderte der Botschafter.
Ukraine-Konflikt: Nato weist Forderungen Russlands zurück – Kiew habe „Recht sich zu verteidigen“
Update vom 10. Januar, 13 Uhr: Die Nato hat die russische Forderung nach Sicherheitsgarantien im Ukraine-Konflikt erneut zurückgewiesen. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte am Montag vor Beratungen mit der ukrainischen Vize-Regierungschefin Olga Stefanischina in Brüssel, das Militärbündnis werde die Ukraine weiter auf dem Weg zur Nato-Mitgliedschaft unterstützen. Stoltenberg fügte hinzu, Kiew habe „das Recht, sich zu verteidigen“, und die Nato werde der ukrainischen Regierung dabei helfen.
Stoltenberg dämpfte zugleich die Erwartungen an die verschiedenen Gesprächsformate mit Russland diese Woche: „Es ist unrealistisch zu glauben, dass bis Ende der Woche alle Probleme gelöst sind“, betonte er. In Genf hatten zuvor hochrangige Gespräche zwischen den USA und Russland begonnen. Am Mittwoch tagt in Brüssel zudem erstmals seit Ende 2019 der Nato-Russland-Rat, bevor am Donnerstag die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zusammentritt. Die ukrainische Vize-Regierungschefin Stefanischina rief Russland auf, seine Soldaten unverzüglich aus dem Grenzgebiet abzuziehen: „Sicherheitsgarantien sollten beim Abzug der Truppen von ukrainischem Staatsgebiet beginnen“, betonte sie. Stoltenberg bekräftigte, ein möglicher russischer Angriff auf die Ukraine hätte einen „hohen Preis“.
Update vom 10. Januar, 10.45 Uhr: In Genf hat am Montag ein bilaterales Gespräch zwischen den USA und Russland über die jüngsten Spannungen rund um die Ukraine begonnen. US-Vizeaußenministerin Wendy Sherman kam nach einem kurzen Vorgespräch am Sonntagabend zur offiziellen Runde mit dem russischen Vizeaußenminister Sergej Rjabkow zusammen, wie das US-Außenministerium mitteilte. Das Treffen findet in der US-Botschaft unweit des europäischen Sitzes der Vereinten Nationen statt. Im Mittelpunkt stehen der russische Truppenaufbau an der Grenze zur Ukraine und die Forderung Moskaus nach Sicherheitsgarantien der Nato.
Russland-USA-Gipfel: Blinken spricht von „Waffe am Kopf“ - USA sagen russischen Spaltungsversuch voraus
Update vom 10. Januar, 9.20 Uhr: Vertreter der USA und Russland kommen am Montag in Genf zu Verhandlungen in der Ukraine-Krise zusammen. Im Mittelpunkt der Gespräche stehen der russische Truppenaufbau an der Grenze zur Ukraine und die Forderung Moskaus nach Sicherheitsgarantien der Nato. Beide Seiten dämpften aber bereits die Erwartungen an das Treffen. Es ist der Auftakt einer Reihe wichtiger Verhandlungen in dieser Woche.
US-Außenminister Antony Blinken sagte am Sonntag, es sei schwierig, „in einer Atmosphäre der Eskalation mit einer Waffe am Kopf der Ukraine“ Fortschritte zu erzielen. Er betonte aber, weder ein Abzug von US-Truppen aus Osteuropa noch eine Zusage für eine Nicht-Ausweitung der Nato stünden zur Verhandlung. Ein US-Regierungsvertreter sagte, es sei nicht an Moskau, darüber zu entscheiden, mit welchen Ländern andere Staaten Bündnisse eingingen.

Vize-Außenminister Sergej Rjabkow stellte in einem Interview der Staatsagentur Ria Nowosti klar: „Wir gehen nicht mit ausgestreckter Hand dorthin, sondern mit einer klar formulierten Aufgabe, die zu den von uns formulierten Bedingungen gelöst werden muss.“ Er sprach von „realistischen“ Erwartungen an die Gespräche. „Nach den Signalen, die wir in den vergangenen Tagen aus Washington und Brüssel vernommen haben, wäre es wohl naiv, einen Fortschritt - erst recht einen schnellen - vorauszusetzen“, sagte der 61-Jährige.
Russland-USA-Gipfel: Blinken spricht von „Waffe am Kopf der Ukraine“
Zum Auftakt der diplomatischen Bemühungen in Genf trifft Rjabkow US-Vizeaußenministerin Wendy Sherman. Es würden keine Verhandlungen geführt, die andere Länder betreffen, betonte eine Vertreterin des Außenministeriums vorab. Dies geschehe grundsätzlich nur, wenn diese mit am Tisch säßen. Die Begegnung findet im Rahmen des strategischen Sicherheitsdialogs statt, den die Präsidenten Joe Biden und Wladimir Putin bei ihrem Treffen im Juni vereinbart hatten. Es ist die dritte Runde. Sie findet in der US-Botschaft statt.
Die USA warnten davor, dass russische Medien den Inhalt der Gespräche am Montag wahrscheinlich falsch wiedergeben und von Konzessionen auf Seiten der USA sprechen würden. Ein Regierungsmitarbeiter sagte, es würde ihn nicht überraschen, sollte die russische Seite Falschmeldungen über US-Zugeständnisse streuen, um „eine Spaltung unter den Verbündeten herbeizuführen“.
Russland und USA treffen sich - Insider schließt vorab Zugeständnis aus: „Darüber entscheidet nicht Moskau“
Erstmeldung vom 9. Januar, 16.40 Uhr:
Genf/Washington, D.C. - USA und Russland beraten am Sonntag und Montag (9. und 10. Januar) in Genf über die Ukraine-Krise. Die Vereinigten Staaten haben sich vorab bereiterklärt, über die Raketensysteme und Militärübungen der beiden Länder zu sprechen. „Es gibt einige Bereiche, in denen wir denken, dass es möglich sein könnte, Fortschritte zu machen“, sagte laut dpa ein ranghoher US-Beamter und Regierungsvertreter in einer Telefonkonferenz mit Journalisten.
Ziel der Gespräche zwischen den russischen und US-amerikanischen Regierungsvertretern ist es, die Spannungen zwischen den beiden Ländern zu entschärfen. Hintergrund der aktuellen Krise ist ein russischer Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine. Washington und die EU werfen Moskau vor, einen neuen Einmarsch in die Ukraine vorzubereiten. Russland bestreitet solche Pläne. Die Regierung von Wladimir Putin ihrerseits wehrt sich gegen die Aufnahme weiterer osteuropäischer Länder in die Nato und verlangt eine Garantie, dass die Ukraine niemals Mitglied der Allianz wird.
Ukraine-Krise: USA warnt Russland vor Einmarsch in die Ukraine
Der US-Regierungsvertreter schloss das aus: Er sagte, es sei nicht an Moskau, darüber zu entscheiden, mit welchen Ländern andere Staaten Bündnisse eingingen. „Im Zusammenhang mit der Nato bezeichnen wir das als offene Tür, und die wird weder Russland noch ein anderes Land zuschlagen.“

Die USA warnen Moskau vor einer erneuten militärischen Eskalation in der Ukraine-Krise. Der Regierungsvertreter stellte für einen solchen Fall finanzielle und wirtschaftliche Sanktionen sowie eine Aufrüstung der Ukraine durch die USA in Aussicht. Genaue Strafmaßnahmen wurden allerdings nicht genannt. Die New York Times berichtete zuletzt, zu von den Vereinigten Staaten mit Verbündeten besprochenen möglichen Sanktionen gehöre der Ausschluss Russlands größter Finanzinstitutionen von globalen Transaktionen. Aber auch Handelssperren für bestimmte Technologieprodukte aus den Vereinigten Staaten seien denkbar.
Zwei Tage nach den bilateralen Gesprächen in der Schweiz soll es zum Austausch zwischen Russland und der Nato kommen: Für den 12. Januar ist eine Sitzung des Nato-Russland-Rates in Brüssel angesetzt - die erste seit zweieinhalb Jahren. Danach soll es am 13. Januar in Wien Gespräche im Rahmen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) geben.
Putins Forderung: Hoffnung auf Einigung besteht in ein paar Punkten
Putin machte vor allem den Abbau militärischer Präsenz der Nato in der Grenzregion zu Russland zur Forderung für die bilateralen Gespräche. „Russland hat gesagt, dass es sich durch die Aussicht auf offensive Raketensysteme in der Ukraine bedroht fühlt“, erklärte der US-Regierungsvertreter. Eine solche Absicht hege man aber nicht. Daher sei das „ein Bereich, in dem wir vielleicht eine Einigung erzielen können, wenn Russland bereit ist, eine entsprechende Verpflichtung einzugehen“. Es solle bei den Gesprächen auf Wunsch Moskaus auch um die Zukunft bestimmter Raketensysteme in Europa gehen.
Schließlich sei Washington bereit, die Möglichkeit gegenseitiger Beschränkungen der Größe und des Umfangs von Militärübungen zu erörtern, die sowohl von Russland als auch von den USA und der Nato durchgeführt werden, sagte der Regierungsvertreter weiter. Dennoch herrscht in Bezug auf die anstehenden Gespräche Skepsis: „Wir werden erst bei diesen Gesprächen wissen, ob Russland bereit ist, ernsthaft und in gutem Glauben zu verhandeln“.
USA „realistisch statt optimistisch“: Warnung vor Fake News aus Russland
Bereits am Sonntagabend wird es aller Voraussicht nach zu einem „ersten Gespräch“ kommen, bevor am Montag die Hauptverhandlung stattfindet. Laut aktuellen Informationen aus dem US-Außenministerium werden am Sonntagabend die stellvertretende US-Außenministerin Wendy Sherman und der stellvertretende russischen Außenminister Sergej Rjabkow aufeinandertreffen.
Die Erwartungen wurden von US-Seite gedämpft. Die Einstellung der USA in diesen Gesprächen sei „Realismus statt Optimismus“. Der Beamte betonte, dass es sich um „Sondierungsgespräche“ handeln würde, die nicht zu festen Zusagen führen würden. Gewarnt wurde vor allem vor russischen Desinformationskampagnen: um die Verbündeten zu verunsichern, könnten fälschliche russische Medienberichte über mögliche Zugeständnisse der USA verbreitet werden. (at/dpa/afp)