Unruhen erschütterten Kasachstan: China macht „drei bösen Mächte“ verantwortlich - Russland zieht sich zurück
Die schweren Unruhen in Kasachstan halten weiter an. Präsident Tokajew nutzt derweil die Situation zum Machtausbau. Und es gibt einen neuen Regierungschef. News-Ticker.
- Die schweren Unruhen in Kasachstan* wegen steigender Ölpreise halten weiter an. Mehr als 100 Menschen sollen im Zusammenhang der Proteste bereits getötet worden sein (Update vom 9. Januar, 12.30 Uhr).
- China* stellt sich bei der Niederschlagung der Unruhen an die Seite Russlands (siehe Update vom 11. Januar, 10.25 Uhr).
- Kasachstan hat nun einen neuen Regierungschef (siehe Update vom 11. Januar, 10.15 Uhr).
- Dieser Ticker ist beendet. Weitere Nachrichten über den Konflikt in Kasachstan finden Sie hier*.
Update vom 13. Januar. 9.15 Uhr: Eine Woche nach der Verlegung ausländischer Truppen in die von blutigen Unruhen erschütterte Ex-Sowjetrepublik Kasachstan hat am Donnerstag das Ende des Militäreinsatzes begonnen. Die von Russland dominierte Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) übergab nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau „sozial wichtige Objekte“ wieder den kasachischen Behörden. Der vor einer Woche gesperrte Flughafen der Millionenstadt Almaty ist wieder für den Passagierverkehr freigegeben worden.
Die von der OVKS so bezeichneten Friedenstruppen hatten auf Bitten der autoritären Führung des zentralasiatischen Landes in den vergangenen Tagen dabei geholfen, die verfassungsmäßige Ordnung in der Millionenstadt Almaty und anderen Regionen wiederherzustellen. Der kasachische Präsident Kassym-Schomart Tokajew hatte den ersten Einsatz dieser Art als Erfolg bezeichnet und seinem russischen Kollegen Wladimir Putin für das schnelle Eingreifen gedankt.
Die Rückverlegung der Soldaten aus Russland, Belarus, Armenien, Tadschikistan und Kirgistan soll zehn Tage lang dauern. Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums erfolgt sie in enger Abstimmung mit der kasachischen Seite. Es liefen zudem Vorbereitungen dafür, dass die Militärtechnik sowie andere Spezialmittel wieder an ihre Standorte zurückverlegt würden, hieß es. Russland hatte den Angaben zufolge in den vergangenen Tagen auch mehr als 2000 Zivilisten ausgeflogen, darunter neben eigenen Staatsbürgern auch Ausländer.
In der über viele Jahre international wegen ihrer Stabilität gelobten öl- und gasreichen Ex-Sowjetrepublik an der Grenze zu China hatte es Anfang des Monats zunächst Proteste gegen eine Verdopplung der Preise für Gas, das als Kraftstoff für Autos genutzt wird, gegeben. Die Demonstrationen schlugen nach wenigen Tagen in rohe Gewalt um. Staatschef Tokajew sprach von einem Angriff „terroristischer Banden“. Er hatte einen Schießbefehl erteilt. Es gab mehr als 100 Tote, mehr als 10 000 Festnahmen und Hunderte Verletzte. Nach Angaben der Führung des neuntgrößten Landes der Erde stabilisiert sich die Lage.
Kasachstan-Unruhen: China stellt sich hinter Putin-Eingriff und macht die „drei bösen Mächte“ verantwortlich
Update vom 11. Januar, 10.25 Uhr: China stellt sich laut ntv bei der Niederschlagung der Unruhen in Kasachstan an die Seite Russlands. Die Volksrepublik teile die Einschätzung des kasachischen Präsidenten: Demnach seien die Ursache der Unruhen terroristische Aktivitäten. Das berichteten den Angaben nach chinesischen Staatsmedien und informieren damit über ein Telefongespräch zwischen Chinas Außenminister Wang Yi und dem russischen Außenminister Sergej Lawrow.
Die beiden Länder sollten sich „der Einmischung externer Kräfte in die inneren Angelegenheiten der zentralasiatischen Länder widersetzen“ und verhindern, dass „Farben-Revolutionen“ und die „drei bösen Mächte“ Chaos verursachen, hieß es in dem Bericht offenbar weiter. Auch Moskau mache ausländische Kräfte für die Unruhen verantwortlich. China definiere die „drei bösen Kräfte“ als religiösen Extremismus, territorialen Separatismus und gewalttätigen Terrorismus.

Kasachstan: Neuer Regierungschef bestimmt
Update vom 11. Januar, 10.15 Uhr: Die Ex-Sowjetrepublik Kasachstan hat nach tagelangen schweren Ausschreitungen einen neuen Regierungschef. Das Parlament des zentralasiatischen Landes stimmte am Dienstag für Alichan Smailow, der den Posten bereits übergangsweise nach der Entlassung der alten Regierung vor gut einer Woche inne hatte, wie das Staatsfernsehen berichtete. Präsident Kassym-Schomart Tokajew hatte kurz zuvor den 49-Jährigen als Ministerpräsidenten vorgeschlagen. Smailow war zuvor Vize-Regierungschef sowie in der Vergangenheit mehrere Jahre lang Finanzminister.
In der öl- und gasreichen Ex-Sowjetrepublik, die unter anderem an Russland grenzt, war Unmut über gestiegene Treibstoffpreise in Proteste gegen die Staatsführung umgeschlagen. Neben friedlichen Demonstrationen kam es auch zu gewaltsamen Ausschreitungen. Es gab viele Tote und Verletzte. Indes näherte sich die Zahl der Festnahmen der Marke von 10.000. Das Innenministerium sprach der Agentur Tengrinews zufolge davon, dass während der Unruhen etwa 9900 Menschen in Gewahrsam gekommen seien.
Regierungskritische Proteste in Kasachstan
Update vom 10. Januar, 22.37 Uhr: Im Zuge der beispiellosen Ausschreitungen hat der kasachische Staatschef vor einigen Tagen die gesamte Regierung entlassen. Am Dienstag (11. Januar) will Präsident Kassym-Schomart Tokajew eine neue Regierung vorschlagen. Er werde eine entsprechende Empfehlung im Parlament einbringen, wo seine Partei Nur Otan die Mehrheit hat, kündigte Tokajew an. Außerdem wolle er Reformvorschläge unterbreiten.
Die Proteste, die sich zunächst gegen steigende Gaspreise richteten, hatten sich im ganzen Land rasch zu regierungskritischen Protesten ausgeweitet. Ein Großteil der Wut der Demonstranten gilt dem ehemaligen Staatschef Nursultan Nasarbajew. Dieser soll weiterhin großen Einfluss im Land ausüben. Der 81-Jährige hatte 2019 seinen Nachfolger Tokajew selbst bestimmt und galt als Mentor des derzeitigen Präsidenten. Experten gehen jedoch davon aus, dass Tokajew die Krise auch dafür nutzt, um Nasarbajew, zu entmachten. Tokajew entzog ihm kürzlich den Posten als Chef des einflussreichen Sicherheitsrates und entließ mehrere seiner Vertrauten aus wichtigen Ämtern.
Kasachstan-Unruhen: Russland plant laut Putin keine „Revolutionen“
Update vom 10. Januar, 10.50 Uhr: Russland wird nach den Worten von Präsident Wladimir Putin keine „Revolutionen“ in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion zulassen. Der russische Staatschef äußerte sich vor dem Hintergrund der gewaltsamen Proteste der vergangenen Tage in Kasachstan in einer Videokonferenz der Organisation des Vertrages über kollektive Sicherheit (OVKS) am Montag. Kasachstan sei das Ziel von „internationalem Terrorismus“ geworden, erklärte Putin.
Update vom 10. Januar, 10.20 Uhr: Nach den schweren Unruhen hat sich die Lage in Kasachstan in Zentralasien nach Darstellung des Präsidenten Kassym-Schomart Tokajew beruhigt. „In Kasachstan ist die vollständige Ordnung wieder hergestellt. Bedrohungen für die Sicherheit des Landes wurden abgewendet“, sagte der Staatschef am Montag bei einer Sitzung des von Russland geführten Militärbündnisses OVKS. Der sogenannte Anti-Terror-Einsatz werde bald abgeschlossen.
Unruhen in Kasachstan: Präsident Tokajew spricht von „Putschversuch“
Bei der Video-Schalte der Staats- und Regierungschefs der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) nannte Tokajew die Unruhen einen „Putschversuch“. Ziel sei eine Machtergreifung gewesen. Details nannte er zunächst nicht. Es habe im Vorfeld geplante und abgestimmte Angriffe auf Gebäude von Regionalbehörden, der Strafverfolgungsbehörden und auf Gefängnisse gegeben, sagte Tokajew. Russlands Präsident Wladimir Putin sagte, die Lage sei nicht durch spontane Protestaktionen wegen der Treibstoffpreise verursacht worden, „sondern dadurch, dass zerstörerische Kräfte von außen die Situation ausgenutzt haben“.
Die Verwirrung um die Todeszahl hält an. Tokajew sagte, es seien 16 Sicherheitskräfte getötet worden. Wie viele Zivilisten ums Leben kamen, werde noch geklärt. Das Staatsfernsehen hatte zuvor unter Berufung auf das Gesundheitsministerium von mehr als 160 Todesopfern gesprochen. Diese Meldung wurde ohne Angaben von Gründen gelöscht
Kasachstan-Unruhen: Präsident Tokajew erklärt nach Putin-Gipfel seine Sicht - und spricht über Russland-Verbleib
Update vom 10. Januar, 9.40 Uhr: Kasachstans Präsident Kassym-Schomart Tokajew hat die gewaltsamen Proteste der vergangenen Woche als „versuchten Staatsstreich“ bezeichnet. „Gruppen bewaffneter Kämpfer“, die auf den richtigen Moment gewartet hätten, seien „in Aktion getreten“, sagte Tokajew am Montag bei einer Videokonferenz mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin und anderen verbündeten Staatschefs. Das „Hauptziel“ sei deutlich geworden, „es handelte sich um den Versuch eines Staatsstreichs“, sagte Tokajew.
Auf friedliche Demonstranten würden die Sicherheitskräfte seines Landes „niemals schießen“, sagte der kasachische Präsident weiter. Der von Moskau geführte „Antiterror-Einsatz“ der Organisation des Vertrages über kollektive Sicherheit (OVKS) werde „sehr bald“ enden, fügte er hinzu. Die OVKS-Mitgliedstaaten hielten am Montag eine Online-Konferenz ab. Dabei sagte Tokajew, die „bewaffneten Kämpfer“ hätten in den Startlöchern gestanden und sich unter die Demonstranten gemischt. „Ihr Ziel war klar: Die Untergrabung der öffentlichen Ordnung, die Zerstörung der Regierungsinstitutionen und die Ergreifung der Macht.“

Update vom 9. Januar, 21.18 Uhr: Angesichts des Eingreifens Russlands in Kasachstan gab es teils Sorge vor einer Machtübernahme des Kreml in dem zentralasiatischen Land. Mehrere Experten hegen allerdings massive Zweifel an dieser These - sie sehen vielmehr Russland angesichts der politischen Lage in Kasachstan vor Problemen, wie Merkur.de* berichtet.
Kasachstan: Russlands Militärbündnis will über weiteres Vorgehen beraten - Lage „unter Kontrolle“?
Update vom 9. Januar, 17.16 Uhr: Nach dem Eingreifen des von Russland dominierten Militärbündnisses OVKS in der Republik Kasachstan* wollen dessen Mitgliedsländer über das weitere Vorgehen beraten. Am Montag (10. Januar) ist angesichts der schweren Ausschreitungen eine Video-Konferenz geplant.
Die Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit um Unterstützung (OVKS), der auch Armenien, Belarus, Kirgistan und Tadschikistan angehören, hatte auf Bitte Kasachstans 2500 Soldaten in die an China und Russland grenzende Ex-Sowjetrepublik entsandt. Die Proteste in dem öl- und gasreichen Land dauern mittlerweile seit einer Woche an. Unmut über gestiegene Treibstoffpreise an den Tankstellen schlug in vielerorts friedliche, aber teils auch gewaltsame Proteste gegen die Staatsführung um (siehe Erstmeldung).
Die autoritären Behörden sagen, die Lage sei mittlerweile unter Kontrolle. Wie das Büro von Kasachstans Präsident Kassym-Schomart Tokajew nach einer weiteren Krisensitzung mitteilte, dauern die Einsätze gegen Demonstranten an. „Es werden Maßnahmen ergriffen, um Terroristen ausfindig zu machen und festzunehmen.“ Tokajew bezeichnete Demonstranten, die teilweise auch bewaffnet sein sollen, als „Terroristen“ und „Banditen“. Es seien mittlerweile fast 6000 Menschen festgenommen worden, hieß es weiter. Neue Zahlen zu Toten und Verletzten unter Zivilisten wurden nicht genannt, unabhängige Angaben sind weiterhin schwer verfügbar. In Kasachstan wurde das Internet abgeschaltet.
Kasachstan-Unruhen: Russland greift ein und Putin geht ins Risiko - ein Wendepunkt?
Update vom 9. Januar, 14.30 Uhr: Die Anwesenheit eines von Russland geführten Militär-Bündnisses in Kasachstan, das aktuell von schweren Unruhen gezeichnet ist, versetzt internationale Experten in Sorge. Die russische Militärpräsenz in dem zentralasiatischen Land wird als kurzfristiger Erfolg für die russische Regierung eingeschätzt. Diese kann ihren Einfluss auf Kasachstan durch den Militäreinsatz erweitern. Allerdings könnte mittel- und langfristig die Stimmung in Kasachstan kippen und sich gegen Russland wenden. Diese Vermutung stellte zuletzt der Journalist und ntv-Russland-Reporter Rainer Munz an. Die Stimmung in der kasachischen Bevölkerung wende sich aktuell schon gegen Russland.
Ähnliches sei in Belarus passiert. Die eigentlich pro-russische Stimmung der Bevölkerung von Belarus kippte mit der offenen Unterstützung des autoritären Regimes durch den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Der Einsatz des Militärbündnisses, welches aus ehemaligen Sowjetstaaten besteht und von Russland dominiert wird, war nur möglich, da Präsident Tokajew angab, die Unruhen seien durch ausländische Feinde angezettelt worden. Auf diese Weise war der Bündnisfall gegeben, was einen militärischen Einsatz möglich machte. Russland habe laut Munz aktuell Interesse daran, das autoritäre Regime in Kasachstan zu erhalten. Der Militäreinsatz stelle nun unter anderem eine Möglichkeit dar, das rohstoffreiche Kasachstan, das bisher eine „Schaukelpolitik“ zwischen China, Russland und dem Westen verfolgt hat, näher an Moskau zu binden.
USA besorgt über russische Truppen in Kasachstan: „schwer, sie wieder loszuwerden“
Update vom 9. Januar, 14.00 Uhr: Die Lage im zentralasiatischen Kasachstan hat sich nach wie vor nicht beruhigt. In der Wirtschaftsmetropole Almaty kommt es weiterhin zu gewaltsamen Zusammenstößen. Ein von Russland angeführtes Militärbündnis interveniert aktuell mit mindestens 2.500 Soldaten in Kasachstan. Der kasachische Präsident Kassym-Schomart Tokajew hatte um militärische Unterstützung gebeten.
Die USA zeigen sich angesichts der in Kasachstan befindlichen „Friedenstruppen“ besorgt. US-Außenminister Antony Blinken betonte, dass die Krise unter Einhaltung der Menschenrechte gelöst werden müsse und problematisierte die Anwesenheit russischer Truppen. „Ich denke, dass wir eines gelernt haben: Wenn Russen dein Haus einmal betreten, wird es schwer, sie wieder loszuwerden“, so Blinken. Die Anspielung gilt besonders der Ukraine-Krise. Tatsächlich ist der russische General, der aktuell den Einsatz in Kasachstan leitete, derselbe, der auch den Einsatz auf der Krim geführt hatte. Deutschland hat angesichts der angespannten Situation alle Rüstungslieferungen nach Kasachstan gestoppt.
Nach Schießbefehl: Mehr als 100 Menschen bei Unruhen getötet worden
Update vom 9. Januar, 12.30 Uhr: Bei den schweren Unruhen in Kasachstan sind offiziellen Angaben zufolge 164 Menschen getötet worden. Darüber informierte am Sonntag (9. Januar) das Staatsfernsehen und berief sich dabei auf Angaben des Gesundheitsministeriums. Zudem sollen mehr als 2200 Menschen in den vergangenen Tagen verletzten worden. Besonders in der von den Protesten betroffene Millionenstadt Almaty im Südosten Kasachstans seien rund 1100 Menschen verletzte worden.
Dem Gesundheitsministerium zufolge wurden am Sonntag 719 Patienten in Krankenhäusern behandelt. Der Zustand von 83 Menschen wurde als „ernst“ bezeichnet. Die Behörden gaben allerdings keine Details zu der Art der Verletzungen an. Präsident Kassym-Schomart Tokajew hatte am Freitag (7. Januar) einen Schießbefehl erlassen. Konkrete Zahlen zu getöteten Zivilisten wurden nicht genannt.
Die Behörden hatten zuletzt von insgesamt mehr als 40 Getöteten gesprochen, darunter auch Sicherheitskräfte. Die von den Behörden angegebenen Zahlen schwankten in den vergangenen Tagen stark. Unabhängige Angaben zu Toten und Verletzten gibt es nur wenige.
Schwere Unruhen in Kasachstan: Mehr als 5000 Verhaftungen
Erstmeldung vom 9. Januar, 12.00 Uhr: Nur Sultan - Seit Tagen kommt es im zentralasiatischen Kasachstan zu gewaltsamen Ausschreitungen, in deren Zuge Staatschef Tokajew ein von Russland geführtes Militärbündnis um Hilfe gebeten bat. Parallel zu den Protesten baute Tokajew in den vergangenen Tagen den Machtapparat um und besetzte zentrale Posten mit seinen Gefolgsleuten.
Bisher sind landesweit über 5000 Menschen festgenommen worden. Am Sonntagmorgen (9. Januar) teilte das Innenministerium der autoritär geführten Ex-Sowjetrepublik in der Hauptstadt Nur Sultane mit, dass „in ganz Kasachstan bisher 5135 Menschen festgesetzt“ wurden. Gegen die Festgenommenen wurden Ermittlungen wegen verschiedener Vergehen aufgenommen. Unter den Inhaftierten sind auch hochrangige Beamte wie der ehemalige Geheimdienstchef Karim Massimow. Dem langjährigen Vertrauen des früheren Präsidenten Nursultan Nasarbajew wird Hochverrat zu Last gelegt.
Präsident Tokajew nutzt den Moment für Machtsicherung und -ausbau
Auch andere Gefolgsleute des ehemaligen Präsidenten Nasarbajews, der im Hintergrund weiter die Politik in Kasachstan beeinflusste, wurden aus Schlüsselpositionen des Machtapparates entfernt. Präsident Tokajew scheint die Unruhen genutzt zu haben, um den eigenen Einfluss auszuweiten und seine Position zu festigen. So hatte er gleich zu Beginn der Proteste die Regierung unter Asqar Mamin entlassen, der ebenfalls ein Gefolgsmann Nasarbajews ist. Auch der stellvertretende Sekretär des Sicherheitsrates wurde entlassen und Torkajew setzt sich selbst an die Spitze eines mächtigen Gremiums und verdrängte damit Nasarbajew. Dieser ließ seinen Sprecher erklären, dass er hinter Präsident Tokajew stehe und alle ihm dies gleichtun sollten.
Die Innenbehörde teilte mit, dass während der bisherigen Ausschreitungen 16 Angehörige der Sicherheitskräfte getötet worden seien. Rund 1300 Polizisten, Soldaten und weitere Sicherheitskräfte seien bei den Zusammenstößen verletzt worden. Zuletzt hatten die Behörden eine Zahl von 40 Getöteten genannt - darunter auch Sicherheitskräfte. Den mehr als 5000 Inhaftierten wird unter anderem die Zerstörung von mehr als 100 Einkaufszentren oder Bankgebäuden vorgeworfen, sagte der amtierende Innenminister Erlan Turgumbajew dem TV-Sender Chabar 24. Darüber hinaus sollen 400 Fahrzeuge während der Ausschreitungen zerstört worden sein.
Schwere Unruhen in Städten: Grundnahrungsmittelversorgung in andere Regionen gesichert
Während besonders die Millionenstadt Amaty im Südosten Kasachstans und die Stadt Taldykorgan nach wie vor von schweren Unruhen betroffen sind, scheint sich die Lage in anderen Teilen des Landes beruhigt zu haben. Die Behörden versuchten dies unter anderem durch die Sicherung der Versorgung entlegener Regionen mit Grundnahrungsmitteln zu gewährleisten. Dies teilte die Agentur Tass mit und berief sich dabei auf Informationen des Handelsministeriums. Das Energieministerium teilte mit, dass auch die Versorgung mit Kraftstoff und Flüssiggas angelaufen sei.
Am Freitag (7. Januar) hatte Präsident Kassym-Schomart Tokajew Polizei und Armee angewiesen, auf Demonstranten „ohne Vorwarnung“ zu schießen. Diese hatte er als „Terroristen“ und „Banditen“ bezeichnet. Angesichts dieser Anweisung wurde befürchtet, dass es zu zahlreichen zivilen Todesopfern kommen könnte. Ausgangspunkt der Ausschreitungen waren gestiegene Treibstoffpreise an den Tankstellen, gegen die vielerorts friedlich demonstriert wurde. Teils schlugen diese Demonstrationen in gewaltsame Proteste gegen die Staatsführung um. Regierungschef Tokajew verhängte den Ausnahmezustand. Ein durch Russland angeführtes Militärbündnis befindet sich aktuell im Land. (at/dpa/afp) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA