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BASF-Beben: „Halsbrecherisch“ – EU-Parlamentarier verurteilt Geschäfte mit China

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Von: Josefine Lenz

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Ludwigshafen - Sparmaßnahmen, drohender Stellenabbau und gleichzeitig eine Milliarden-Investition in ein neues China-Werk. Für Chemie-Riese BASF hagelt es derzeit Kritik:

Update vom 3. November: Im Rahmen der Peking-Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich der in Mannheim geborene EU-Parlementarier Reinhard Bütikofer (Grüne) im Deutschlandfunk sehr kritisch über deutsche Top-Konzerne geäußert, die weiterhin munter Geschäfte mit China und sich somit wirtschaftlich abhängig machen.

Bütikofer, Mitglied im Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten sowie im Ausschuss für internationalen Handel, mahnt, dass man nicht in eine einseitige Abhängigkeit geraten dürfe: „Einigen Firmen ist das leider passiert. Die haben zu viele Eier in diesen chinesischen Korb gepackt. Volkswagen zum Beispiel – BASF auch. Wir können nicht zulassen, nach der russischen Erfahrung zweimal nicht, dass wir von einem autoritären Regime abhängig werden. Das gefährdet unsere nationale Sicherheit und unsere Werte und Interessen.“

Grünen-Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer
Der in Mannheim geborene EU-Parlamentarier Reinhard Bütikofer (Grüne). (Archivfoto) © Gregor Fischer/dpa/Archivbild

Auf die Frage, ob die Bundesregierung Konzernen wie der BASF sagen sollte, ihre Geschäfte mit China einzuschränken, wird Bütikofer deutlich: „Nein, das ist nicht mein Rat. Mein Rat ist, überlegt euch, dass ihr diese Abhängigkeiten, die ihr eingegangen seid, verringert, und rechnet nicht darauf, dass die Steuerzahler*in euch für einen Kurs, der halsbrecherisch ist, auf jeden Fall rauskaufen wird.“

Das BASF-Beben: Harter Sparkurs in Ludwigshafen – Mega-Investition in China-Werk

Erstmeldung vom 29. Oktober: Stimmt die Chemie zwischen der BASF und ihrem Standort Ludwigshafen noch? Aktuell scheint einiges im Argen zu liegen. Denn während der Vorstand scheinbar volle Power in ein neues Werk in China steckt, werden gleichzeitig harte Sparmaßnahmen vor allem für das Stammwerk angekündigt. Es geht um Kosten von 500 Millionen Euro, die gesenkt werden sollen – auch das Wort Stellenabbau ist schon gefallen. Nun wird das Zittern bei den Angestellten größer und eine Art BASF-Beben scheint zu beginnen.

BASF kündigt Sparmaßnahmen an – vor allem Standort Ludwigshafen betroffen

Doch der Reihe nach: BASF stellt die Zahlen des dritten Quartals vor. In den ersten neun Monaten des Jahres 2022 hätten sich die Mehrkosten für Erdgas an den europäischen Standorten auf rund 2,2 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahr belaufen. Zwar kann der Chemie-Riese ein Umsatz von 22 Milliarden Euro verbuchen, das operative Ergebnis ist jedoch auf 1,35 Milliarden Euro eingebrochen. Das entspricht ein Minus von 517 Millionen Euro!

(Fast) genau diesen Betrag will die BASF nun außerhalb der Produktion einsparen. Ein extremer Sparkurs kündigt der Chemie-Konzern an, die Hälfte der Einsparungen will der Vorstand am Standort Ludwigshafen realisieren. Dort arbeiten rund 39.000 seiner weltweit 111.000 Mitarbeiter. Dass es dann auch zum Stellenabbau kommen kann, ist nicht ausgeschlossen.

BASF will Werk in China eröffnen – und investiert dafür 10 Milliarden Euro

Die erste Kritik dazu kommt von der Gewerkschaft IG BCE, die Widerstand angekündigt hat. Während da bereits die Vorbereitungen laufen, verkündet die BASF, dass Martin Brudermüller weiterhin Chef bleibt – und der hält nicht nur am Sparprogramm fest, sondern schaut auch weg von Ludwigshafen und blickt in Richtung China.

Kürzlich betont Brudermüller, dass der europäische Chemiemarkt seit rund einem Jahrzehnt nur noch schwach wachse. Die BASF plant deshalb ein weiteres Werk in Zhanjiang. Gegenüber dem Spiegel bekräftigt der BASF-Chef an den geplanten Investitionen von zehn Milliarden Euro für den neuen Verbundstandort China festzuhalten. Dort wolle man den Umsatz deutlich steigern. Brudermüller gehört dem Spiegel zufolge der Wirtschaftsdelegation an, die Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf seiner Chinareise begleitet.

Martin Brudermüller, Vorstandsvorsitzender des Chemiekonzerns BASF, will neues Werk in China eröffnen
Martin Brudermüller, Vorstandsvorsitzender des Chemiekonzerns BASF, will neues Werk in China eröffnen © Uwe Anspach/dpa

Kritik wegen BASF-Werk in China – „Warne davor, alles auf eine Karte zu setzen“

Der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), Michael Vassiliadis, kritisiert die China-Politik von BASF kritisiert. Der Chemiekonzern mache sich in der deutschen Industrie öffentlich zum „Frontrunner“ für eine Fortsetzung der bisherigen China-Strategie, sagt Vassiliadis, dienstältester Aufsichtsrat bei BASF, dem Spiegel.

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„Ich warne davor, alles auf eine Karte zu setzen und die geopolitischen Risiken zu unterschätzen“, so Vassiliadis. Wenn BASF-Chef Martin Brudermüller „die Expansionspläne für China noch weiter antreiben und zugleich für die Standorte in Europa keine strategische Perspektive aufzeigen würde, wäre das nicht akzeptabel“. BASF wollte dazu keine Stellungnahme abgeben. (dpa/jol)

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